Energie wird als Produkt an der Börse gehandelt. Ändert sich der Preis von Strom, Gas oder Kohle am Markt, sind Energieversorger gefordert, ihre Verkaufspreise für Kund*innen umgehend anzupassen. Je schneller die dynamischen Marktveränderungen berücksichtigt werden, desto wirtschaftlicher kann ein Energieversorger handeln – denn bei bereits abgeschlossenen Verträgen gelten natürlich die vereinbarten Preise. Um flexibler und unabhängiger zu werden, setzt die Mainova AG auf Azure Kubernetes Service (AKS) als Basis für sein Energy Trading- and Risk Management-System.
Die Herausforderung: Datenwachstum und Flexibilitätsbedarf treffen auf starre monolithische IT-Architektur
Als regionaler Energieversorger beliefert Mainova rund eine Million Menschen in Hessen und darüber hinaus mit Strom, Gas, Wärme und Wasser. „Handel mit Energie ist mit einer immensen Menge an Daten verbunden“, sagt Steve Braune, Senior IT-Projektmanager. „Diese Daten kommen unter anderem von internen Fachbereichen, externen Preisdienstleistern, Handelspartnern oder Kraftwerken – nur richtig zusammengeführt lassen sich Markteinschätzungen für den optimalen Handel ableiten.“ Performante Systeme, die die Vielzahl von Schnittstellen und die Masse an Daten managen, sind die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg von Mainova.
Bereits 2011 hat das Unternehmen ein Energy Trading- and Risk Management-System (ETRM-System) eingeführt, das alle Funktionen des Energiehandels abdeckt – etwa das Abschließen von Verträgen und deren Risikobewertung. Damals waren 2.700 Lieferverträge pro Jahr im System – heute, zehn Jahre später, sind es 72.000 pro Jahr. Tendenz steigend. Und durch die viertelstündliche Messung des Energieverbrauchs über den Stromzähler steigt mit jedem Liefervertrag auch die Datenmenge im ETRM-System. „Dieses enorme Wachstum ist eine unserer größten Herausforderungen“, so Braune. „Die vorherige Lösung war historisch gewachsen, viele Funktionen waren aufwendig programmiert“, ergänzt Mehmet Tan, IT-Architekt bei Mainova. „Das war ein riesengroßer statischer Monolith – eine Art ‚Black Box‘, die nur schwer durchdringbar war und für Datensilos sorgte.“
Notwendige Updates waren mit immensem Aufwand und Downtime verbunden – sie wurden von den IT-Mitarbeitenden in den frühen Morgenstunden durchgeführt. Das band interne Ressourcen und verursachte zudem externe Kosten: Um beispielsweise Strom, Gas oder Kohle als Handelsware im System anzulegen, musste Steve Braune einen ganzen Beratertag vom Systemhersteller buchen. „Nichts ist frustrierender für uns in der IT, als etwas nicht selbst anpassen zu können“, lacht er. „Es fehlte einfach an Performanz, Schnelligkeit und Flexibilität, insbesondere bei der Schnittstellentechnologie.“
Die Lösung: Azure Kubernetes Service für mehr Schnelligkeit und Flexibilität
Mainova setzte die IT-Architektur neu auf – mit Azure Kubernetes Service (AKS) als Basis für das ETRM-System. Die IT-Architektur wurde in unabhängige Module geclustert, sogenannte Container. „Wir können die Container über Microservices orchestrieren, die auf AKS laufen“, so Mehmet Tan. „Der vollständig verwaltete Dienst spart uns Zeit und Geld. Das Know-how intern aufzubauen, wäre deutlich zeit- und ressourcenintensiver gewesen.“
Die Migration des ETRM-Systems war das erste Projekt mit Azure und hatte damit als Leuchtturmprojekt eine große Sichtbarkeit im Unternehmen. Bei der Umsetzung hat sich Mainova für eine hybride Lösung entschieden: Verschiedene Services werden in der Microsoft Azure Cloud betrieben, während andere weiterhin auf lokalen Servern laufen. Unterstützt hat QUIBIQ, Microsoft-Partner und Spezialist für die Integration von IT-Anwendungen auf der Microsoft-Plattform, begleitet durch Architekten der Microsoft Global Partner Solutions Organisation. Der Kontakt kam über die Microsoft Customer Success Unit zustande. „Nach einer Schulung zu Kubernetes und Azure haben wir die Netzwerkstruktur samt Verbindungen geschaffen und danach die Cluster für das ETRM-System bereitgestellt“, erläutert Dennis Adrians, Lead Developer bei QUIBIQ. Nach und nach wurden die verschiedenen Module installiert und getestet. „So konnten wir zeigen, dass Azure eine sichere, zuverlässige und performante Lösung ist.“
Die neue IT-Architektur sorgt für mehr Schnelligkeit im Arbeitsalltag bei Mainova: Daten aus den Lieferverträgen werden nun automatisch aggregiert und in Echtzeit angezeigt. Markteinschätzungen basieren stets auf brandaktuellen Informationen. Hedging – so wird im Stromhandel eine zweite Transaktion zur Absicherung einer ursprünglichen Transaktion bezeichnet – dauerte im Altsystem eine Stunde, im neuen System sind es nur wenige Sekunden. „Und je schneller die Preise vom Markt im Vertrieb landen, desto geringer ist die Gefahr, einen zu hohen oder niedrigen Preis an die Verbraucher*innen weiterzugeben“, sagt Braune. „Das ist im dynamischen und risikobehafteten Geschäft mit dem Strom höchstrelevant.“
Auch bei Updates spielt AKS als Basis für das ETRM-System seine Stärken aus: Das IT-Team kann die unterschiedlichen Container unabhängig voneinander bearbeiten. Das verkürzt oder verhindert Downtimes. „Unser Ziel ist die Zero-Downtime“, sagt Braune. „Wenn alle Module sukzessiv in das neue System überführt wurden, können wir die Updates flexibel programmieren, ohne dass die Anwender*innen etwas davon mitbekommen.“ Und für Skalierbarkeit sorgt die Option der Azure Cloud, bei starker Auslastung automatisch und kurzfristig Kapazitäten zuzufügen.
Heute laufen drei von zwölf Modulen auf Kubernetes – am Ende werden alle zwölf Module in das System überführt sein. Neben der sukzessiven Migration in AKS bis Mitte 2023 plant Mainova schon für die IT-Zukunft: „Nach dem AKS-Cluster für Handel und Vertrieb arbeiten wir an einem weiteren Cluster für Netzprozesse im Energiesektor, perspektivisch für den ganzen Konzern“, sagt Mehmet Tan. Die Nutzung von Kubernetes könnte auf weitere Unternehmensbereiche ausgeweitet werden, etwa das Prognosesystem. Und ab jetzt soll jedes Projekt die Entwicklungspipelines aus Azure Dev Ops nutzen.
“Mit der Überführung des ETRM-Systems auf Azure Kubernetes Service machen wir ein wichtiges System der Mainova fit für die Zukunft. Die Migration zu AKS war eines der besten Projekte, das ich je bei der Mainova durchführen durfte. Das Level an Innovation und die Zusammenarbeit zwischen allen Projektbeteiligten war extrem hoch.”
Steve Braune, Senior IT-Projektmanager, Mainova AG
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