Volle Transparenz aller Daten für höchste Effizienz in den Werken: Das ist die Grundlage, auf der alle Produktionsschritte bei der ZF Group nahtlos ineinandergreifen. Das Mobilitäts- und Technologieunternehmen setzt dafür auf seine eigene Digital Manufacturing Platform (DMP) – und auf eine Cloud-Strategie mit Microsoft Azure. Die Datenplattform und ihre Applikationen geben ZF heute einen einheitlichen, datenbasierten Überblick ihrer Produktion. Arbeitsschritte wie Wartung und Reparatur werden optimiert, Ressourcen sinnvoller genutzt und die Fertigung läuft flexibler. Der erste Schritt auf dem Weg zum weltweit vernetzten, digitalen Produktionsnetzwerk ist damit getan.
Die Herausforderung: Effizienz-Vorteile der Digitalisierung besser für die Produktion nutzen
In den 188 ZF-Produktionsstandorten ist die Arbeit verschiedener Fachbereiche eng miteinander verzahnt. Die ZF-Mitarbeiter*innen halten die Produktion in den vier Technologiefeldern Vehicle Motion Control, integrierte Sicherheit, automatisiertes Fahren und Elektromobilität am Laufen – und das möglichst reibungslos. Um das zu realisieren, müssen sie feste Arbeitsabläufe einhalten. Früher hieß das für die rund 400 Produktionsmitarbeiter*innen im niedersächsischen Pilotwerk Diepholz beispielsweise: Am Schichtende die Anzahl der produzierten Teile an den Maschinenbedienpulten sowie die Stillstände der Maschine manuell erfassen und die Daten an einem zentralen PC einpflegen. Dafür mussten die Werker*innen in jeder Schicht durchschnittlich rund fünf Minuten Zeit einplanen. Auch das Rüsten, also das Einrichten der Maschinen für einen Bearbeitungsvorgang, ist mit Dokumentationsaufwand verbunden. Ähnlich sah es bei der Instandhaltung aus: Arbeitsaufträge oder Meldungen aus dem SAP-System wurden ausgedruckt. Mitarbeiter*innen gingen mit den Papieren zur Maschine, um z. B. ein Diagnosegerät anzuschließen und die Ursache des Fehlers zu finden. Im nächsten Schritt wurde dieser Fehler behoben und schließlich das Ergebnis zurückgemeldet. Allein für die Schritte vom Ausdrucken bis zum Einsatz an der Maschine sowie für die anschließende Datenpflege in SAP benötigte eine einzelne Mitarbeiterin oder ein einzelner Mitarbeiter aus dem Instandhaltungsteam rund 15 Minuten. Denn Laufwege und die dazugehörigen Formalitäten kosteten Zeit, die in nützlichere Aufgaben geflossen wäre.
Die ZF-Werke fanden für ähnliche Herausforderungen zunächst individuelle IT-Lösungen – eine Folge des schnellen Konzernwachstums. „Aus Sicht des Gesamtkonzerns war das ineffizient. Doch in der Produktion geht es genau darum: die Effizienz immer weiter zu verbessern“, sagt Joachim Sprinz, Program Manager IIoT - Digital Manufacturing Platform bei ZF. „Durch Digitalisierung gewinnen wir einen Mehrwert aus unseren Daten, der auf die Effizienz und die Performance in unseren Fabriken einzahlt. Gleichzeitig sorgt sie für eine firmenübergreifende Vernetzung entlang der gesamten Wertschöpfungskette.“ Gebraucht wurde eine Lösung, die Daten aus verschiedenen Quellen verbindet und alle Digitalisierungspotenziale auf einer Plattform bündelt. Die einheitliche Lösung sollte auf alle Werke erweiterbar sein, um unternehmensweit und in der einzelnen Fabrik vor Ort Datentransparenz und schlanke Prozesse zu schaffen. Das war der Grundgedanke für die Digital Manufacturing Platform.
Die Lösung: Eine Plattform in Microsoft Azure für datenbasierte Effizienz in allen Werken
„Erst die Vernetzung von Menschen und Daten bewirkt, die Effizienz werksübergreifend zu steigern“, erklärt Joachim Sprinz. „Nur so beschleunigen wir die digitale Transformation unserer Produktion und können ein weltweites digitales Produktionsnetzwerk errichten.“ Die Basis dafür liefert Microsoft Azure. „Wir verfolgen im Konzern eine Cloud-Strategie mit Azure. Know-how und die Partnerschaft mit Microsoft waren bereits fest etabliert. Deshalb war Azure auch als Basis für die DMP die sinnvollste Lösung“, ergänzt er.
Heute werden die Daten der Produktionsmaschinen über Azure IoT Connectivity Komponenten gesammelt, in Azure Data Lake gespeichert und anschließend über Azure Data Explorer zur Datenanalyse aufbereitet und bereitgestellt. Das User-Management erfolgt über Azure Active Directory. Die Anwender*innen rufen im Frontend die Anwendungen der DMP über eine Website auf und sehen die Kennzahlen nutzerfreundlich in Power BI Dashboards aufbereitet. Die DMP wird kontinuierlich weiterentwickelt und ist in Teilen bereits in rund 18 Werken, unter anderem in Diepholz, im Einsatz.
Mit der DMP hat ZF einen Connectivity-Stack aufgebaut, der Mitarbeiter*innen in die Lage versetzt, Maschinen über einen Self Service automatisch mit der Cloud zu verbinden. „Ältere Bestandsmaschinen in die Landschaft zu integrieren, gestaltet sich oftmals schwierig. Ihre Maschinenprogramme sind oft nicht kommentiert, Programmierer*innen und Hersteller sind häufig nicht mehr greifbar“, berichtet Thorsten Schulze, Projektleiter im Pilotwerk Diepholz bei ZF. „Früher brauchte man zur Integration große IT- und Business-Projekte. Mit unserem Connectivity-Board können die Mitarbeiter*innen ihre Maschinen einfach selbst verbinden – mehr oder weniger per Knopfdruck, sofern sich diese bereits im Netzwerk befinden.“
“Dank der Vernetzung über die Cloud können wir Maschinen heute deutlich einfacher in unsere Landschaft integrieren, Prozesse werden transparenter und offenbaren ihr Optimierungspotenzial. Am Ende des Tages können wir so die Effizienz der Maschinen und der gesamten Fabrik steigern.”
Thorsten Schulze, Projektleiter Pilotwerk Diepholz, ZF
Auch im Diepholzer Werk geht es darum, Maschineneffizienzen zu erhöhen, Materialbestände und -flüsse besser zu managen und Ressourcen sinnvoller zu nutzen. Heute werden die Mitarbeiter*innen dabei von den Anwendungen Worker Cockpit, OEE Analyzer und Condition Monitoring unterstützt. Mit Hilfe des Worker Cockpits erfassen sie bereits während der Schicht nahezu in Echtzeit Verluste in der Produktion. Über einen Bildschirm an den Maschinen ist jederzeit einsehbar, welcher Auftrag aktuell produziert wird, wo Qualitätsverluste entstanden sind und wo die Maschine stillstand. Störgründe werden automatisch von der Maschine dokumentiert und direkt an die DMP übermittelt. „Intelligente Algorithmen beschleunigen den Prozess. Die Informationen sind früher und transparenter verfügbar“, sagt Thorsten Schulze. „So wird z. B. auch der Rüstvorgang nachvollziehbarer. Status und Gesamtdauer werden sofort angezeigt.“ Expert*innen und Planer*innen werten die Daten aus dem Worker Cockpit im nächsten Schritt über den OEE Analyzer aus. Ihre Ergebnisse liefern die Grundlage für Optimierungen. „So wird zum Beispiel sichtbar, wenn eine Maschine nicht optimal läuft, und wir können direkt eingreifen. Durch die Optimierung erhöht sich dann der Durchsatz der Maschine und sie läuft effizienter. Dafür muss das Problem aber erst sichtbar werden. Genau das schaffen wir mit unserer DMP auf Basis von Azure“, sagt Thorsten Schulze.
Produktionsausfälle vorbeugen und Lagerbestände optimieren
Die Instandhalter*innen in Diepholz nutzen Condition Monitoring, um Probleme an den Maschinen heute schneller zu erkennen und zu beheben. Wenn die Daten einer Maschine einen Schwellenwert überschreiten, wird automatisch eine Push-Nachricht an ein Instandhaltungsteam gesendet. Die enthaltenen Informationen zeigen sofort, um welche Maschine und welche Parameter es sich handelt. So können erfahrene Mitarbeiter*innen bereits am Bildschirm entscheiden, welche Werkzeuge oder Ersatzteile sie vor Ort zur Reparatur benötigen. „Die Kolleg*innen sparen sich also unnötige Wege zwischen Schreibtisch, Ersatzteillager und Maschine“, sagt Thorsten Schulze. „Auch drohende Stillstände werden so frühzeitig erkannt. Wenn etwa die Datenanalyse einer Maschine mit zwei Bohrwerkzeugen auf einer Seite eine deutlich höhere Temperatur zeigt, sehen wir uns die Details an und können frühzeitig Ersatzteile bestellen. In der aktuellen Liefersituation vermeiden wir so ungeplante Stillstände von mehreren Wochen.“ Künftig soll eine automatische Anomalie-Erkennung die Erfahrung der Mitarbeiter*innen ergänzen.
„Mit dem Programm hat sich auch die Arbeitsweise im Unternehmen enorm verändert. Business und IT sind enger zusammengewachsen, Expertenforen haben sich etabliert und Know-how wird auf allen Ebenen ausgetauscht“, sagt Joachim Sprinz. „Wir haben jetzt die Prozesse, das Mindset und die Strukturen geschaffen, um technisch und organisatorisch agil zu skalieren.“ Denn die DMP soll mehr sein als eine reine Reporting-Plattform für den Konzern: Sie soll als IIoT-Plattform zum zentralen Daten- und Applikationshub für alle 188 ZF-Produktionsstandorte weltweit werden – ein Single Point of Information, um alle Fabriken flexibel und effizient zu steuern. So lassen sich künftig noch mehr Prozesse optimieren, nicht wertschöpfende Tätigkeiten vermeiden und die unternehmensweite Vernetzung weiter vorantreiben.
“Mit der DMP auf Basis von Azure haben wir jetzt die Prozesse, das Mindset und die Strukturen geschaffen, um technisch und organisatorisch agil skalieren und unsere Digitalisierungspotentiale heben zu können.”
Joachim Sprinz, Program Manager IIoT - Digital Manufacturing Platform, ZF
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