Wissenstransfer ist essenziell für den Erfolg und die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens – nicht nur, wenn erfahrene Mitarbeitende in den Ruhestand gehen und es gilt, deren langjähriges Erfahrungswissen zu bewahren. Der Chemiekonzern ALTANA hat sich schon früh daran gemacht, das Wissen seiner Einkaufsabteilungen zentral zu bündeln. Dafür setzt das Unternehmen auf eine Graph-Datenbank, Microsoft Azure und den Microsoft Partner PRODYNA. Mit der Plattformlösung EMPOWER lassen sich nicht nur Aufwände minimieren, die Performance steigern und Preisvorhersagen mit einer Abweichung von nur fünf Prozent treffen, sondern auch Nachhaltigkeitsdaten in den Lieferketten transparenter machen.
Die Herausforderung: fragmentiertes Wissen in 35 ERP-Systemen
Wenn die Einkäufer*innen bei ALTANA in Termine mit ihren Lieferanten gehen, müssen sie alle relevanten Daten wie Informationen zum Liefervolumen oder andere Eckdaten vorliegen haben. Gleiches gilt für das Einkaufsmanagement, wenn unternehmensübergreifend Daten für Lieferanten-Übersichten oder Preisentwicklungen zusammengestellt werden müssen. Diese Übersichten sind die Grundlage für die Optimierung des Business und der Produkte, wenn es zum Beispiel darum geht, einen Rohstoff gegen einen anderen mit geringerem CO2-Impact auszutauschen.
Doch die Vorbereitung auf solche Termine war bislang sehr aufwendig: „Unser Unternehmen ist dezentral aufgestellt, wir haben 35 ERP-Systeme im Einsatz. Zudem gab es bisher keinen zentralen Ablageort. Ein- und derselbe Lieferant konnte so beispielsweise unter verschiedenen IDs abgelegt sein“, berichtet Stefan Franke, Head of Procurement Excellence bei ALTANA. „Die Erstellung einer Unternehmensübersicht zu einem bestimmten Thema war in der Vergangenheit also sehr zeitintensiv. Gleichzeitig brauchte es eine hohe Fachexpertise, um die Daten zu interpretieren“, so Stefan Franke weiter. Sein Kollege Timo Scheller, Project Manager Sustainability bei ALTANA ergänzt: „Die Frage war: Wie können wir Wissen bündeln, ein einheitliches Verständnis der Daten etablieren und Synergien effizient nutzen.“
Denn die hohe Fragmentierung des Wissens erschwerte den globalen Blick auf Kostentransparenz, Resilienz der Lieferketten und Nachhaltigkeitsdaten. Dieser Blick wird aber zum Beispiel vor dem Hintergrund des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes immer wichtiger. „Mit unserer alten Lösung hätten wir die Herausforderung gehabt, Nachhaltigkeits-, Markt- und Risikodaten in verschiedenen Tools zur Verfügung stellen zu müssen. Das wollten wir vereinfachen“, sagt Timo Scheller.
Aus diesem Grund entschied sich ALTANA, gemeinsam mit seinem langjährigen Partner PRODYNA, frühzeitig auf die neue Plattform EMPOWER zu setzen: Die Lösung basiert auf Microsoft Azure und diversen Managed Services, ihr Herzstück bildet eine Graph-Datenbank. „Um Silos nachhaltig aufzubrechen, ging es vor allem darum, die Daten sinnvoll miteinander in Beziehung zu setzen sowie einfache Abfragen über Domänen- und Abteilungsgrenzen hinweg zu ermöglichen. Die Darstellung der Daten in Form eines Graphen erlaubt genau das“, sagt Maximilian Render, Senior Sales Manager bei PRODYNA. Zur Umsetzung einer ersten funktionsfähigen Plattform hatte das Projektteam lediglich zwölf Wochen Zeit. „Mithilfe von Azure DevOps konnten wir aber schnell Geschwindigkeit aufnehmen und Azure war intern ebenfalls bereits implementiert“, berichtet Stefan Franke.
Die Lösung: ein Single Point of Truth mit Graph-Datenbank und Microsoft Azure
Die EMPOWER Plattform wird heute vollständig in Azure gehostet und besteht aus drei Komponenten: Der Knowledge-Graph sammelt interne Metadaten zu Materialkategorien, Rohmaterial oder Lieferanten aus den 35 ERP-Systemen und setzt sie miteinander in Verbindung. Über die Data Factory auf Basis von Azure SQL Managed Instance, Azure Kubernetes Service und Azure Blob Storage werden die internen Informationen mit externen Nachhaltigkeits-, Markt- oder Risikodaten angereichert. Das User Interface visualisiert anschließend die Verbindung zwischen den Daten in einem Graph – erweiterbar und normiert. „Diskrepanzen in den Daten werden den Nutzerinnen und Nutzern direkt vorgelegt. Sie entscheiden dann, wie die Daten gemappt werden. Das System lernt daraus und der gleiche Fehler wird bei jedem neuen Datenimport automatisiert korrigiert“, erklärt Maximilian Render. Für hochindividuelle Datenabfragen wie Reportings oder Ad-Hoc-Analysen besteht zusätzlich die Möglichkeit zur Visualisierung über ein Power BI Dashboard.
Durch die Verbindung der Daten können Algorithmen in der Data Factory auch Lieferantenrisiken aus anderen vorhanden Daten wie Kategorie- und Länderrisiko ableiten und an der entsprechenden Stelle in der Graph-Datenbank ergänzen. „Zwischen Rohstoff und Endprodukt liegen in der chemischen Industrie bis zu 35 Produktionsschritte oder mehr“, erzählt Timo Scheller. „Mit der Graph-Darstellung wird die Komplexität in unseren Einkaufsdaten transparenter. Denn die Kolleg*innen können sofort sehen, ob alternative Materialien eingesetzt werden können, wenn ein Lieferant wegfällt, und wie sich dadurch der Preis des Rohstoff-Portfolios verändert. So bekommen wir wertvolle Insights zur Resilienz unserer Lieferketten – und zwar mit einem Click.“ In der Data Factory sagen künftig Modelle einer künstlichen Intelligenz auf Basis von aktuellen Rohmaterial-Preisen und Marktdaten vorher, wie sich der Preis entwickeln wird. Die ersten Testläufe sind vielversprechend: Die Abweichung der KI liegt bei einer solchen Prognose bei nur fünf Prozent. Deshalb wird das Modell im Laufe des Jahres 2023 an alle Einkäufer*innen ausgerollt.
Die Schnittstellen- und Integrationsmöglichkeiten machen EMPOWER extrem erweiterbar und flexibel. „Wenn sich künftig beispielsweise die gesetzlichen oder unsere eigenen Anforderungen wandeln und wir Nachhaltigkeitsdaten deshalb anders bereitstellen wollen, dann können wir jetzt einfach das Datenmodell ändern. Mit EMPOWER und Azure können wir schnell reagieren und wachsen“, sagt Stefan Franke.
Die Plattform EMPOWER hat den Blick des Einkaufs auf das gesamte Unternehmen vereinfacht. „In unserer dezentralen Organisation können wir Daten und Wissen jetzt einfach und transparent teilen. Und alle können teilhaben, weil es keine IT-Expertise mehr braucht, um die Zusammenhänge zwischen den Daten zu erkennen“, resümiert Timo Scheller.
In Zukunft wird es bei ALTANA vor allem darum gehen, die Daten weiter anzureichern sowie datenbasierte Entscheidungen und Maßnahmen zu treffen, um die Resilienz des Unternehmens zu stärken. „Aktuell haben wir rund 50.000 Rohstoffe im System. Durch den Einsatz von generativer KI können wir sie künftig schneller mit Infos zur ID oder Herstellung ergänzen und so unser Wissen erweitern“, fasst Stefan Franke zusammen.
“Dank der Knowledge-Graph-Technologie basierend auf Microsoft Azure können wir Wissen im Unternehmen sinnvoll verbinden und Lieferketten transparent machen.”
Stefan Franke, Head of Procurement Excellence, ALTANA
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